Freihandel mit allen und um jeden Preis
Eine Kritik der EU-Handelspolitik
Abstract
Die EU-Handelspolitik steht seit 2015 unter dem Motto «Handel für alle». Angesichts des Inhalts der circa 20 Abkommen, die die Europäische Kommission derzeit – mit viel Eifer und offensichtlicher Eile – auszuhandeln bestrebt ist, sollte das Credo allerdings eher «Freihandel mit allen» heißen. Aber selbst das greift genau genommen noch zu kurz. Denn bei diesen Verhandlungen geht es um weit mehr als nur handelspolitische Vereinbarungen.
Es geht um das Festhalten an einer neoliberalen Variante der Globalisierung, bei der insbesondere die merkantilistisch orientierten großen EU-Mitgliedsstaaten – allen voran Deutschland – bemüht sind, nicht nur wachsende Handelsbilanzüberschüsse gegenüber dem Rest der Welt zu erzielen, sondern auch weiterhin allein die Spielregeln zu bestimmen, wirtschaftspolitische Standards zu setzen und diese auf möglichst lange Zeit festzuschreiben.
Angesicht der aktuellen Entwicklungen, die mit dem breiten Widerstand gegen TTIP (der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA) und TISA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) einen vorläufigen Höhepunkt erreichten, und die infolge der America-First-Strategie des US-Präsidenten durch neue handelspolitische Konflikte gekennzeichnet sind, steht jedoch die bisherige Freihandelsstrategie auf der Kippe, sodass die EU-Kommission derzeit versucht, möglichst rasch noch möglichst viele Freihandelsfakten zu schaffen, bevor Varianten einer eher protektionistischen Politik weltweit an Einfluss gewinnen.