Nach dem Kohle-Rausch
Eine Geschichte von industriellem Niedergang, wirtschaftlichem Abbruch und dem Aufstieg der extremen Rechten im ländlichen Frankreich
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Nach dem Kohle-Rausch: Eine Geschichte von industriellem Niedergang, wirtschaftlichem Abbruch und dem Aufstieg der extremen Rechten im ländlichen Frankreich. Wie sind die Dinge an diesen Punkt gekommen, und wie geht es weiter? Scharfer politischer Kommentar in diesem sehr persönlichen Essay des herausragenden Colin Kinniburgh.
Wenn es eine Gegend auf der Welt gibt, deren Name für Wein steht, dann ist es die Region Burgund im östlichen Mittelfrankreich. Aber als die Familie meiner Mutter in den frühen 1960er Jahren dorthin zog, lag der Charme der Weinberge weit entfernt. Der Ort von etwa 6000 Einwohnern, den sie fortan Heimat nannten, Sanvignes-les-Mines, gab diese Tatsache praktisch schon im ersten Teil seines Namens zu: „ohne Weinreben”.
Nein, hier war kein Weinland. Hier war Kohleland, wie der zweite Teil des Ortsnamens traurig feststellt. Nebenan lag das größere Montceau-les-Mines, ein Zentrum des Kohlebergbaus, das etwa 28.000 Einwohner zählte. Auf dem Höhepunkt waren in den Bergwerken dort um die 12.000 Bergleute beschäftigt, zumeist polnische Immigranten, die aus Montceau einen bedeutenden Bergbaustandort in einer ansonsten ländlichen Umgebung machten. Ein Großteil der Kohle wurde im nahegelegenen Le Creusot verwendet, wo sie die Hochöfen des zeitweilig größten französischen Stahlwerks befeuerte.
Noch heute überschatten die riesigen Schornsteine des Kohlekraftwerks Montceau, aber die Arbeitsplätze, die sich im Umfeld der Mine häuften, sind lange verschwunden. Von 1975 bis 2015 verlor die Gegend mehr als die Hälfte der Industriearbeitsplätze. Die regionale Arbeitslosenrate schoss hoch auf 22 Prozent, im Vergleich zu landesweiten 14 Prozent. Und das, obwohl über 10.000 Menschen – mehr als ein Drittel der Bevölkerung – im gleichen Zeitraum Montceau verließen. Diejenigen, die blieben, sind überproportional alt: Jede(r) Dritte ist über sechzig, frankreichweit ist es jede(r) Vierte.
Die politische Landschaft hat sich ebenfalls verschoben. Der Südwesten von Burgund diente einen Großteil der Nachkriegszeit als Barometer für die politische Stimmung im ganzen Land, mit einem ganz leichten Ausschlag nach links. Das begann sich nach der Jahrtausendwende zu ändern. Der rechtsextreme Front National (FN), damals noch unter Jean-Marie Le Pen, gewann an Einfluss. In Montceau selbst erhielt Le Pen im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl 2002 18 Prozent – 1 Prozentpunkt mehr als im französischen Durchschnitt. Als seine Tochter Marine die Führung übernahm, wuchs die Beliebtheit des FN weiter. Bei den Wahlen 2017 schnitt Le Pen junior mit 27 Prozent im ersten Durchgang als Beste ab – fast 6 Prozentpunkte höher als im Landesdurchschnitt.
Noch eklatanter waren die Ergebnisse in Montceau im zweiten Wahlgang. Während Jean-Marie Le Pens Ergebnis in der Stichwahl gegen Jacques Chirac 2002 mit 18 Prozent unverändert blieb, schnellte Marine Le Pens Ergebnis im zweiten Wahlgang hoch auf 40 Prozent.
Wenn nationale Umfragen einen Indikationswert haben, ist es so gut wie sicher, dass Le Pen ihr Ergebnis bei der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr noch übertreffen wird. Fast jede Umfrage in diesem Jahr sieht sie vorn in einem ungeordneten Feld von Bewerber*innen, vor Macron und einem Wirrwarr von Linken, von denen die meisten ihre Kandidatur noch nicht bestätigt haben. In Städten wie Montceau könnte sie beide Runden für sich entscheiden.
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Montceau-les-Mines’ schrittweises Driften von einem eher linksgerichteten Industriestandort zu einem freien Feld für Rechtsextreme hängt mit der Geschichte der fossilen Brennstoffe zusammen.
Als die Minen zumachten, war das, „als hätte man die Wirtschaft mit dem Vorschlaghammer zerstört”, erzählte mir René Serge Joby, ein pensionierter Fabrikarbeiter, 2018.
Auch Hélène Ville, eine in Burgund ansässige Forscherin an der nationalen Statistikbehörde Insee, macht die historische Abhängigkeit der Region von Rohstoffen und Schwerindustrie für ihren derzeitigen Niedergang verantwortlich. In einer 2019 veröffentlichten Studie vergleichen sie und ein Co-Autor Montceau-Le Creusot mit fünf anderen Ballungsgebieten, die ein ähnliches demographisches Profil aufweisen und von Ost nach West die ganze nördliche Hälfte Frankreichs abdecken. Sie stellten fest, dass Gebiete mit breit gefächerten Industriezweigen sich von den Arbeitsplatzverlusten der 1980er und 90er Jahre erholt haben, während Städte wie Montceau und Le Creusot – deren Industrien stark konzentriert waren – immer weiter ausgehöhlt wurden.
Für frühere Industriearbeiter wie Joby ist es schwer, nicht in Nostalgie zu verfallen. Ich traf ihn ein paar Kilometer außerhalb von Montceau, auf einer Schnellstraßenüberführung, wo eine engagierte Truppe von gilets jaunes (Gelbwesten) ihr Lager aufgeschlagen hatte. Er und die anderen gilets jaunes erinnerten sich mit Begeisterung an die Kampfbereitschaft der Arbeiter, die das Industriezeitalter prägte.
Etwa 20 km von Montceau entfernt, in Le Creusot, kann man noch die Überbleibsel einer historischen Stätte für den französischen Stahl besichtigen. In ihren besten Zeiten, im späten 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, war Le Creusot eine Fabrikstadt, die von der Dynastie der Schneiders beherrscht wurde. Die Schneiderschen Eisenwerke bauten 1838 die erste Lokomotive Frankreichs. 1870 galten sie mit mehr als 10.000 Arbeitern als größte Stahlhütte Europas. Über Generationen stellten Schneider-Stahlbarone den Bürgermeister.
Doch das ausgeprägt paternalistische Regiment der Schneiders wurde schon bald mit den Forderungen der Arbeiter konfrontiert. Ein Stahlarbeiterstreik 1870 war groß genug, dass die Regierung 4.000 Soldaten zu seiner Beendigung einsetzte. Es dauerte nicht lange, bis auch die Grubenarbeiter streikten, und damit den Ton für die Kommunen von 1871 vorgaben. Diese fanden auch ein kurzlebiges Echo in Le Creusot, bevor erneut das Militär einschritt.
Montceau erlebte ähnliche Wellen von Aktion und Reaktion. Zwischen 1899 und 1901 gab es immer wieder Streiks, infolge derer die Bergarbeiter der Bergbaugesellschaft Zugeständnisse abtrotzten, nachdem auch Handwerker und Händler in der ganzen Stadt in einen Solidaritäts-streik getreten waren. Diese kämpferische Tradition setzte sich bis ins 20. Jahrhundert fort. Während des 2. Weltkriegs, so erzählte mir ein anderer gilet jaune, streikten die polnischen Bergarbeiter gegen das Vichy-Regime und schlossen sich den kommunistisch geführten Brigaden der Résistance an. 1947 und ’48, als die kommunistisch geprägte Gewerkschaft CGT auf dem Höhepunkt ihrer Macht war, beteiligten sie sich an landesweiten Streikwellen, nachdem die Regierung mit Lohnkürzungen in den inzwischen verstaatlichten Bergwerken gedroht hatte. Im Oktober 1948 eskalierten die Streiks in Montceau, wo es nicht nur zu Zusammenstößen zwischen Bergarbeitern und der Polizei kam, sondern auch mehr als 100 Offiziere für kurze Zeit von Bergarbeitern als Geiseln genommen und entwaffnet wurden.
Auch im Mai ’68 flackerte Protest in der Region auf, inklusive Streik und Besetzung des Schneiderschen Stahlwerks, damals noch mit mehr als 8000 Arbeitern. Allerdings dauerte das nicht an, und kurz darauf wirkte sich die landesweite Reaktion gegen die Mai-Rebellion aus: Sowohl in Montceau als auch in Le Creusot wurden bei den Wahlen im Juni 1968 Abgeordnete der Rechten im Zuge der allgemeinen gaullistischen Strömung ins Parlament gewählt.
Als meine Großeltern einige Jahre später ihr Haus in der Gegend bauten, gehörten Kohle und Stahl – die beiden Säulen der industriellen Revolution in Frankreich – schon fast zur Geschichte. Mitte der 1970er Jahre wurde eine der wichtigsten Gruben am Ort zu einem Museum gemacht. Die letzte Zeche schloss 1992. Währenddessen wurde auch die Stahlindustrie hart von der Ölkrise der 1970er Jahre getroffen. Allen Kosteneinsparungen zum Trotz waren die Stahlwerke von Creusot 1984 bankrott.
Joby arbeitete die längste Zeit seiner Berufslaufbahn in einer der wenigen neuen Fabriken, die während dieser Umbruchszeit den Betrieb aufnahmen: Potain Poclain, ein Zusammenschluss zweier Hersteller von Schwermaschinerie. Er sagte, dass die Fabrik auf ihrem Höhepunkt um die 800 Arbeiter beschäftigte. Aber nach und nach wurde sie an transnationale Unternehmen verkauft und abgebaut. Als die Fabrik 2009-10 zumachte, ging Joby in Rente.
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Die Schnellstraße, auf die wir schauten, als Joby mir seine Geschichte erzählte, erklärt zum Teil, was in der Region passierte, als die Jobs in der verarbeitenden Industrie verschwanden. Bekannt als Route Centre Europe Atlantique (RCEA), wurde diese Schnellstraße in den 50er Jahren von Geschäftsleuten und gewählten Politiker*innen konzipiert und beworben als direkte Verbindung von Portugal und Spanien durch das südwestliche Frankreich bis in die Schweiz, Deutschland und Zentraleuropa.
Im Abschnitt zwischen Montceau und Le Creusot führt die RCEA an dem Kanal entlang, der ehemals die Gruben mit den Stahlwerken verband. Lokalpolitiker*innen haben versucht, den Kanal – gebaut im späten 18. Jahrhundert – als Touristenattraktion zu vermarkten, aber in der Regel bildet er nur den Hintergrund für einen endlosen Verkehrsstrom.
Die mautfreie und relativ flache RCEA ist heute der beliebteste Korridor für LKW-Fahrer, auch wenn sie in vielen Abschnitten nur zweispurig verläuft. Ein regionaler Fernsehsender berichtete 2011, dass eins von drei Fahrzeugen auf der RCEA ein Lastwagen sei – ein mehr als doppelt so hoher Anteil wie auf den meisten französischen Autobahnen. Die Kombination aus hohem Verkehrsaufkommen und der Enge der Straßenführung haben aus der RCEA eine der gefährlichsten Trassen Frankreichs gemacht, was ihr den Beinamen „Todesstraße” eintrug.
Wirtschaftlich gesehen haben die RCEA und das von ihr unterstützte Autobahnsystem die Region zu einer Art Durchgangs-Zone degradiert. Die Montanunion, Vorläuferin der Europäischen Union, wandelte sich in ein von Freihandel und neoliberalen Wirtschaftsprinzipien getragenes, breit angelegtes europäisches Projekt. Gebieten, die, wie das südwestliche Burgund, von der Schwerindustrie geprägt sind, blieb wenig mehr als eine Rolle als Zwischenstopp für eine Industrie, die heutzutage überall auf dem Kontinent und darüber hinaus schneller wächst als fast jede andere: Logistik.
Entlang der RCEA liegen überall Lagerhallen jeder Art. Gleich am Rand der Schnellstraße, außerhalb von Le Creusot, befindet sich eine der größten der Region, die zur deutschen Super-marktkette LIDL gehört. Bei ihrer Eröffnung 2018 war sie LIDLs größtes Lager in Frankreich, mit mehr als 250 Angestellten. Noch größer ist das Lager von Amazon, eine halbe Stunde weiter, wo die RCEA auf die größere Nord-Süd-Autobahn A6 trifft. LYS1, so der Name der Amazon-Niederlassung, beschäftigt nach Aussage des CGT-Vertreters Antoine Delorme derzeit fast 600 Mitarbeiter*innen.
Doch trotz dieser beeindruckenden Anlagen hat der Aufstieg der Logistik nach Ansicht von Hélène Ville (Insee) die Zahl an Arbeitsplätzen in den früheren Kohle- und Stahlorten nicht maßgeblich erhöht. Zweifellos wächst der Sektor – in Montceau und Le Creusot, so die Zahlen der nationalen Arbeitsagentur Pôle Emploi, wurden letztes Jahr etwa 90 Einstiegs-Stellen angeboten, im Vergleich zu einer Handvoll Jobs 2016 – aber nicht genug, um das wirtschaftliche Gesamtbild zu verändern.
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Die verarbeitende Industrie ist nicht komplett aus der Region verschwunden. Der Reifenhersteller Michelin beschäftigt noch 1200 Angestellte in seiner Fabrik etwas außerhalb von Montceau, und es gibt auch noch ein paar Textilwerkstätten. Aber wer derzeit in der Region Arbeit sucht, findet sie vor allem im Bereich der Pflege von Industriearbeiter*innen im Ruhestand und anderen Angehörigen dieser Generation. In dieser Hinsicht spiegelt die Entwicklung des früheren Kohle- und Stahlbeckens die von Städten wie Pittsburgh, so wie sie der Historiker Gabriel Winant in seinem kürzlich erschienenen Buch The Next Shift aufzeichnet.
Von den etwa 2800 im vergangenen Jahr bei Pôle Emploi gelisteten Stellenangeboten für die Region Montceau-Le Creusot kamen mehr als 20 Prozent aus dem Pflegebereich. Mit Abstand die meisten davon – 13 Prozent – betrafen den Bereich häusliche Pflege. Pflegehilfekräfte machten weitere 5 Prozent aus.
Trotz der relativ hohen Arbeitslosenquote in der Region fanden Arbeitgeber*innen nur schwer Bewerber*innen für diese Stellen. Das liegt zumindest teilweise an den niedrigen Gehältern, den langen und unvorhersehbaren Arbeitszeiten, der schweren Arbeit und den langfristig unsicheren Perspektiven. Von den frühen Morgenstunden bis spät abends, sieben Tage die Woche, fahren sie von Haus zu Haus und kümmern sich um Körperpflege, Mahlzeiten, Putzen und Einkaufen für alte und gebrechliche Menschen. Die Arbeit besteht aus Baden, Füttern und Toiletten schrubben. Sie leisten Gesellschaft und spenden den Vereinsamten ein paar kurze Momente der Nähe.
Es ist unverzichtbare Arbeit. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, denn mein Großvater war über zwei Jahre darauf angewiesen, als er allein in Sanvignes lebte und Alzheimer ihm nach und nach die Fähigkeit raubte, für sich selbst zu sorgen. (Er lebt inzwischen in einem Pflegeheim in Montceau.) Es ist kaum vorstellbar, wie er und der Rest meiner Familie die Situation gemeistert hätten ohne die geduldigen, engagierten Frauen, die bis zu drei Mal am Tag kamen, um ihn zu pflegen.
2019 hatte ich Gelegenheit, in einem Buch mit Zeugnissen einiger dieser Frauen und ihrer Kolleg*innen zu lesen. Sie schrieben über die schweren Seiten ihrer Arbeit – die unbarmherzigen Arbeitszeiten, die vielen Kilometer auf der Straße, die unzureichende Bezahlung und auch über Belästigung durch einige ihrer Schutzbefohlenen – aber auch über die lohnenden. Das Wort „befriedigend” tauchte immer wieder auf. Es ist der Refrain, der von überlasteten Pflegekräften in vielen Ländern wiederholt wird: sie kennen den Wert ihrer Arbeit und wie viel sie den Pflegebedürftigen bedeutet. Nur von ihren Arbeitgeber*innen werden sie nicht entsprechend behandelt.
Hat uns die Covid-19 Pandemie dazu gebracht, ihre Arbeit neu zu schätzen, so dass die neue, weiblich geprägte Arbeiterklasse von den gleichen Stabilitätsgarantien profitiert, die die Nachkriegsvereinbarungen den Arbeiter*innen zugestand? Von der gleichen Arbeitsplatzsicherheit und den hart erkämpften Vergünstigungen, derentwegen sich die langen, brutalen Stunden in den Zechen und Fabriken lohnten?
Ganz ähnlich wie in den USA traten auch in Frankreich während der ersten Pandemie-Welle viele Menschen nachts auf die Balkone, um Ärzten und Krankenschwestern zu applaudieren. Aber die Finanzausstattung der öffentlichen Krankenhäuser hat sich kaum verändert. Und jetzt, nach einem Jahr Arbeit am Limit, erwartet viele Krankenhausmitarbeiter*innen eine dritte Welle, die noch katastrophaler zu werden droht als die erste.
Pflegekräfte in der häuslichen Pflege, deren Arbeit weit weniger sichtbar ist, haben noch nicht einmal eine Medaille bekommen. Und ihre Bezahlung ist so schlecht wie eh und je. Bei den meisten Stellenanzeigen für häusliche Pflege in Montceau auf der Liste von Pôle Emploi wird erst gar kein Gehalt erwähnt. Eine tut es: Angebot für einen 6-Monats-Vertrag – bei Mindestlohn.
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In vielerlei Hinsicht ist die Geschichte der Stadt meines Großvaters die einer misslungenen Umgestaltung weg von den fossilen Brennstoffen. Nach über einem Jahrhundert ununterbrochenen Sprudelns versiegte die Rohstoffwirtschaft und hinterließ nur Löcher. Die Politik versäumte es, diese Löcher zu füllen, und wer nicht selbst wegzog, fühlte sich zurück-gelassen.
Natürlich ist für den Aufstieg der extremen Rechten nicht nur der industrielle Niedergang verantwortlich. Aber in Montceau hat er einen fruchtbaren Boden geschaffen, auf dem die Saat von Le Pens hasserfüllten Schilderungen aufgeht. Wenn Montceau weiterhin als Stimmungsbarometer für die französische Politik allgemein gelten kann – so wie es in der gesamten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Fall war – dann würde das Land in eine wahrhaft gefährliche Richtung steuern.
Es ist gar nicht schwer, Wege zur Wiederbelebung von Regionen wie Montceau zu finden.
Es liegt auf der Hand, bei dem aufstrebenden Pflegebereich zu beginnen und dafür zu sorgen, dass die hier Beschäftigten gut bezahlt und fair behandelt werden. Die Ausbildung von Fachkräften zur Nachrüstung von Häusern als Kampf gegen die Klimakrise wäre ein weiterer Ansatz.
Doch wo solch ambitionierte Politikprojekte fehlen, füllen die Lokalpolitiker*innen die Lücken auf ihre Weise. In Sanvignes haben sie das buchstäblich getan, indem sie die früheren Tagebaugruben rund um die Stadt mit Wasser aufgefüllt und „Seen” getauft haben. Nun glitzern sie in leuchtendem Blau, aber der Zutritt für Schwimmer ist verboten, die tiefe Grube nebenan sei zu gefährlich. So bleibt den Anwohner*innen an heißen Sommertagen nichts anderes, als auf die Wasserfläche zu starren oder auf eigene Gefahr schwimmen zu gehen.
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Colin Kinniburgh arbeitet als freier Journalist in Brooklyn und schreibt über Klimawandel, Städte und Ungleichheit. Er ist Mitglied der US-Nachrichtenredaktion von France 24 und gehört der Redaktionsleitung von Dissent an.
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Französische Version Colin Kinniburgh