„Die dänische Regierung hat die Angst vor Russlands brutalem Krieg genutzt, um im Eiltempo große politische Veränderungen durchzusetzen“

Duroyan Fertl interviewt Christine Lundgaard zum Krieg in der Ukraine

31.05.2022

Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg auf die Ukraine wirft eine Reihe fundamentaler Fragen auf. Ist es in einem Klima zunehmender Spannungen und Militarisierung möglich, sich Putins Aggression zu widersetzen und gleichzeitig eine Perspektive des Friedens und der Abrüstung aufrechtzuerhalten? Die dänische Regierung nutzt die Krise in der Ukraine auch, um die militärischen Beziehungen zu den USA weiter zu vertiefen und die Ausnahme des Landes von der Teilnahme an EU-Sicherheits- und Verteidigungsoperationen abzuschaffen. Die Linkspartei Dänemarks, die Rot-Grüne Einheitsliste, hielt kürzlich ihre Jahreskonferenz ab, auf der ihre Ansichten über NATO und EU heftig diskutiert wurden. Dennoch, so betont Christine Lundgaard, hielt die Rot-Grüne Einheitsliste an ihrem Engagement für Frieden, Abrüstung und ein Ende aller imperialistischen Kriege fest. Duroyan Fertl interviewte sie über die dänische Haltung zum Krieg, den Vorstoß für eine stärkere Militarisierung und die zu erwartenden Folgen.
 

Wie hat die dänische Regierung auf den Krieg in der Ukraine reagiert?

Die dänische Regierung hat den brutalen Krieg Russlands und die von ihm ausgelöste Angst als eine Art „Schockdoktrin“ benutzt und versucht, unter dem Deckmantel einer gewaltigen Krise überstürzt große politische Veränderungen durchzudrücken, die sonst in der politischen Debatte nur schwer zu vertreten wären. Dies gilt sowohl für Aufrüstung und Militarisierung auf nationaler und EU-Ebene als auch in der NATO. Es geht darum, Dänemark sicherheitspolitisch noch enger mit den USA zusammenzuschweißen. Und es geht um eine sich immer weiter zuspitzende Konzentration auf das Militär als Gegenreaktion zu Bedrohungen unserer Sicherheit.

Das klingt nach einem deutlichen Positionswechsel.

Inmitten der Ukraine-Krise kündigte Premierministerin Mette Frederiksen am 10. Februar an, die Regierung befinde sich in konkreten Verhandlungen mit den USA über eine neue Verteidigungskooperation, die auch amerikanische Truppen auf dänischem Boden einschließen würde. Ihr zufolge habe die Initiative nicht direkt mit dem Krieg in der Ukraine zu tun, aber niemand bezweifelt, dass der Krieg als Entschuldigung für einen politischen Schritt benutzt wird, der in Dänemark höchst umstritten ist.

Es handelt sich um eine Änderung der dänischen Sicherheitspolitik der letzten 70 Jahre, in der wir ausländischen Mächten die Stationierung von Truppen und militärischer Ausrüstung – insbesondere von Atomwaffen – auf dänischem Boden nicht gestattet haben.

Wir sollten jedoch den Teil unserer Geschichte nicht vergessen, dass dänische Regierungen geheime Vereinbarungen mit der US-Regierung getroffen haben, Dänemark entgegen der offiziellen dänischen Politik nicht über die mögliche Stationierung von Atomwaffen in Grönland zu informieren. Die Erfahrung zeigt also, dass Vereinbarungen mit den USA über Stationierungen auch für Atomwaffen gelten können, ohne dass die Bevölkerung darüber informiert wird.

Sie sprachen von Aufrüstung und Militarisierung. Können Sie das etwas näher erläutern?

Am 6. März, etwas über eine Woche nach der Invasion, schloss eine breite politische Mehrheit rechts der Einheitsliste ein neues Verteidigungsabkommen. Die Vereinbarung enthält drei Elemente:

Erstens muss Dänemark seine Militärausgaben über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 2 % des BIP erhöhen. Verglichen mit den derzeitigen Ausgaben entspricht das einem Anstieg um 43 % innerhalb der nächsten zehn Jahre oder etwa 18 Milliarden DKK (Dänische Kronen) pro Jahr. Bestehende Haushaltsbegrenzungen wurden aufgehoben, damit das Geld als Kredite aufgenommen werden kann.

Was das zweite Element betrifft, so wollen die Regierung und die meisten rechten Parteien den dänischen Verteidigungsvorbehalt gegenüber der EU abschaffen. Der dänische Verteidigungsvorbehalt in der EU ist unsere Garantie, dass unser Parlament die Souveränität in Verteidigungsfragen nicht ohne ein Referendum abgeben kann. Obwohl es keine konkreten Pläne für eine gemeinsame EU-Armee gibt, wird dieser Wunsch unter anderem von Frankreich und der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert und im Vertrag von Lissabon formuliert. Die Abschaffung des Verteidigungsvorbehalts würde einen enormen politischen Druck auf Dänemark bedeuten, sich an zahlreichen militärischen Operationen der EU zu beteiligen, vor allem in Afrika, die wir weitgehend als verlängerten Arm für überwiegend französische Kolonialinteressen betrachten. Für Dänemarks Ausstieg aus der EU-Verteidigungspolitik steht nun ein Referendum am 1. Juni an.

Die Regierung begründet die Abstimmung damit, dass wir uns nach dem russischen Angriffskrieg in einer neuen sicherheitspolitischen Situation befinden. Gleichzeitig räumt der Ministerpräsident aber ein, dass die Vorbehalte keinen Einfluss auf die Kriegssituation und auf unsere Hilfe für die Ukraine haben. Für uns von der Rot-Grünen Einheitsliste besteht also kein Zweifel daran, dass diese Abstimmung ein weiterer Weg ist, den Krieg und die Angst der Menschen zu nutzen, um unpopuläre Politik verabschieden zu lassen.

Und das dritte Element?

Das ist eigentlich ein Lichtblick. Es gibt nun eine politische Einigung, Dänemark unabhängig von russischen Gasimporten zu machen. Dafür setzt sich die Einheitsliste seit einigen Jahren ein. Wir sind derzeit der Meinung, dass der Importstopp schneller und konsequenter umgesetzt werden muss, als die Regierung angekündigt hat.

Was unternimmt die Regierung noch, um zum Frieden in der Ukraine beizutragen? Liefert sie Waffen an die Ukraine?

Einerseits stimmte das dänische Parlament dafür, der ukrainischen Regierung und ihrem Militär Panzerabwehrraketen sowie anderes nichtoffensives Material zu schicken. Wir haben das unterstützt. Andererseits hat das Parlament am selben Tag, an dem Russland den Einmarsch in die Ukraine begann, dafür gestimmt, der NATO sofort 20 Kampfjets, eine Fregatte und ein Transportflugzeug zur Verfügung zu stellen. Nur die Rot-Grüne Einheitsliste stimmte dagegen. Wir glauben nämlich nicht, dass das zum Frieden beiträgt. Wie unsere verteidigungspolitische Sprecherin Eva Flyvholm sehr treffend formuliert hat, könnte eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland einen neuen Weltkrieg auslösen.

Wenige Tage nach der Entscheidung, die Jets usw. an die NATO zu liefern, meldeten alle dänischen Medien, dass Deutschland Waffen in die Ukraine schicken und allein in diesem Jahr für 100 Milliarden Euro aufrüsten würde. Das nährte das Narrativ, dass sich die Sicherheitslage in Europa komplett verändert habe und eine Aufrüstung erfordere – obwohl die deutschen Militärausgaben allein die russischen übersteigen werden, sobald Deutschland seine Aufrüstung abgeschlossen hat.

Gab es Proteste gegen den Ansatz der Regierung und die politische Kehrtwende?

Nach der Ankündigung der Regierung hat die Rot-Grüne Einheitsliste gemeinsam mit linken Gewerkschaften, Friedensbewegungen und anderen linken Parteien begonnen, Friedensdemonstrationen gegen amerikanische Truppen auf dänischem Boden zu planen. Im ganzen Land gab es Friedensdemonstrationen, aber der Schwerpunkt verlagerte sich vor allem auf Proteste gegen den Krieg. Intern gab es in der Rot-Grünen Einheitsliste und anderen Organisationen Uneinigkeit darüber, ob man angesichts der brutalen Invasion Russlands weiter gegen amerikanische Truppen eintreten sollte. Trotz der Schwierigkeit, umfassende Friedensdemonstrationen zu organisieren, ist der Vorschlag, amerikanische Truppen auf dänischem Boden zu stationieren, und das große Risiko, damit auch Atomwaffen ins Land zu lassen, eine Tatsache. Hoffentlich gelingt es uns, weiterhin energisch dagegen zu mobilisieren.

Neue Kampagnen gegen militärische Aufrüstung, für Konfliktlösung, Diplomatie und gegenseitige Abrüstung werden mit Unterstützung der Rot-Grünen Einheitsliste und anderer linker Parteien, Organisationen und Gewerkschaften aufgebaut.

Die Rot-Grüne Einheitsliste unterstützt die sozialdemokratische Minderheitsregierung. Wie ist die Partei sowohl auf den Krieg als auch auf die Reaktion der Regierung eingegangen?

Sowohl die Rot-Grüne Einheitsliste als auch die Sozialistische Volkspartei sind gegen die neue Zusammenarbeit mit den USA. Die Rot-Grüne Einheitsliste unterstützt das Recht der Ukraine, sich gegen imperialistische Aggression zu verteidigen, aber wie ich bereits sagte, sind wir der Meinung, dass die NATO-Waffen keine Lösung für den Krieg sind. Auf lange Sicht arbeiten wir an einer völlig anderen Sicherheitsarchitektur, die verstärkt auf Diplomatie und Verhandlungen setzt und tatsächlich auf Deeskalation und Abrüstung zur Verhinderung von Kriegen hinarbeiten kann. Wir stehen für eine facettenreiche Sicherheitspolitik, in der der grüne Wandel eine wichtige Rolle spielt.

Was das Verteidigungsabkommen von Anfang März betrifft: Wir sind strikt dagegen, dem Militär so viel Geld zur Verfügung zu stellen, und fragen uns, warum diese Mittel weder für den grünen Wandel noch für den Wohlstand gefunden werden konnten. So viele Mittel, die künftig im Militär gebunden sind, werden ein großes Hindernis für den Erfolg dringender Klimaschutzmaßnahmen und die Wiederherstellung des Wohlstands in den kommenden Jahren sein.

Die Rot-Grüne Einheitsliste setzt sich dafür ein, den dänischen Verteidigungsvorbehalt aufrechtzuerhalten. Für uns ist es wichtig, zu prüfen, wie die Verteidigungszusammenarbeit der EU heute tatsächlich abläuft, wo vor allem französische Interessen die treibenden Kräfte sind. Es ist also teilweise so, dass die konkreten militärischen Operationen der EU vor allem auf Afrika abzielen, zum Beispiel auf Mali. Wir wollen den dänischen Vorbehalt aufrechterhalten, um nicht zu weiteren Kriegen, zu einer verstärkten Militarisierung der EU und zu einem Aufschwung der Rüstungsindustrie beizutragen.

Hat sich die Position wesentlich verändert?

Das Votum der Parlamentsfraktion der Rot-Grünen Einheitsliste für die Entsendung nicht offensiver Waffen in die Ukraine hat eine Diskussion in der Partei ausgelöst. Zu den Argumenten für die Unterstützung des ukrainischen Widerstandskampfs gehört, dass es um legitimen und notwendigen Widerstand gegen eine illegale und brutale Invasion geht. Je stärker der Widerstand gegen den russischen Angriff ist, desto schneller kann Russland in neue Verhandlungen gedrängt werden. Die Rot-Grüne Einheitsliste steht für Widerstand gegen alle imperialistischen Kriege. Die Unterstützung der militärischen Verteidigung der Ukraine sollte nicht als politische Unterstützung einer neoliberalen Regierung angesehen werden, aber der Widerstand gegen den brutalen Angriff Russlands ist gerade jetzt entscheidend.

Zu den Argumenten gegen eine Unterstützung mit Waffen gehört, dass mehr Waffen das Risiko mit sich bringen, den Krieg zu verlängern, anstatt ihn zu beenden, und noch mehr Menschenleben kosten könnten. Die Unterstützung mit Waffen kann auch von der Verhandlungsschiene ablenken, die letztlich die einzig realistische Lösung zur Beendigung des Krieges ist. Obwohl der militärische Widerstand gegen die russischen Angriffe legitim und notwendig ist, wird immer noch überlegt, welche Rolle jedes Land spielen will. Man kann argumentieren, dass ein Land, das keine Waffen schickt, bessere Möglichkeiten hat, sich bei der humanitären Hilfe und bei der Unterstützung von Verhandlungslösungen zu engagieren.

Trotz der Meinungsverschiedenheiten gab es meiner Meinung nach intern nüchterne und konstruktive Debatten und eine positive Offenheit, die zeigt, dass wir diese Art von Thema im Gegensatz zur Mehrheit der Parteien nie auf die leichte Schulter nehmen und die Bedeutung der Diskussion betonen.

Ich möchte hinzufügen, dass es für uns wichtig war, die Diskussion zwischen unseren skandinavischen Schwesterparteien und der deutschen Partei Die Linke zu verfolgen, die unterschiedliche Ansichten haben, Zudem hatten alle interne Meinungsverschiedenheiten, wobei einige in den letzten Wochen ihre Ansichten geändert haben.

Welche konkreten Maßnahmen schlägt die Rot-Grüne Einheitsliste zur Beendigung des Krieges und zur langfristigen Friedenssicherung in der Ukraine vor?

Einige Politiker und die Medien konzentrieren sich ausschließlich auf einen totalen militärischen Sieg über Russland als einziges Endszenario – auch wenn es ziemlich unrealistisch ist und russische Atomwaffen und die neuerliche Gefahr einer nuklearen Vernichtung nicht berücksichtigt. Gleichzeitig wird die Stärkung der militärischen Fähigkeiten der NATO als einzige Möglichkeit dargestellt, den Frieden in der Zukunft zu sichern – obwohl die militärischen Fähigkeiten der NATO bereits heute weit über denen Russlands liegen.

Die Position der Rot-Grünen Einheitsliste ist es, das ukrainische Volk so weit wie möglich gegen die russische Aggression zu unterstützen, auf eine Verhandlungslösung des Krieges zu drängen und Russland wirtschaftlich so hart wie möglich unter Druck zu setzen.

Wir fordern harte Wirtschaftssanktionen gegen Putin und Russland, vor allem durch den 100-prozentigen Ausstieg aus russischem Öl und Gas. Nicht nur Nordstream 2, sondern auch Nordstream 1, die wir von Anfang an abgelehnt haben. Wir müssen uns von fossilen Brennstoffen despotischer Regimes unabhängig machen – und von fossilen Brennstoffen im Allgemeinen. Es ist äußerst wichtig, dass uns die Situation nicht dazu verleitet, amerikanisches Fracking-Gas zu importieren, dänische Gasfelder wieder zu öffnen oder zum Beispiel dänisches Brachland für den Getreideanbau zu nutzen, das uns jetzt aus Russland und der Ukraine fehlt. Wir müssen die Notlage für einen akuten und langfristigen grünen Wandel nutzen. Und dann müssen wir uns für ein Atomwaffenverbot einsetzen.

Wir wollen das ukrainische Volk unterstützen und dazu massiv mit Maßnahmen eingreifen wie humanitärer Hilfe, Rettung und Aufnahme von Flüchtlingen, Vorbereitung auf den Wiederaufbau des Landes und Streichung der ukrainischen Auslandsschulden. Gleichzeitig wollen wir den schwierigen Widerstand innerhalb Russlands gegen den Krieg stärken, zum Beispiel mit Unterstützung und Asyl für Deserteure aus der russischen Armee.

Die Aufnahme der vielen ukrainischen Flüchtlinge hat eine völlig ungewohnte Solidarität und den politischen Willen bewiesen, ihnen vorbehaltlos Zugang zur dänischen Gesellschaft zu gewähren – ganz im Gegensatz zu Dänemarks brutaler Flüchtlingspolitik im Allgemeinen, die Flüchtlinge fernhalten und ihnen das Leben in Dänemark so schwer wie möglich machen soll. Deshalb war es notwendig, ein Sondergesetz für ukrainische Flüchtlinge zu verabschieden, das ihnen eine menschenwürdige Behandlung garantiert. Gleichzeitig leiden andere ins Land kommende Flüchtlinge – etwa aus Syrien und Afghanistan – weiter unter Abschiebungen, Festnahmen und Verletzungen ihrer Menschenrechte. Diese Solidarität und Menschlichkeit will die Rot-Grüne Einheitsliste ausweiten, damit sie für alle Flüchtlinge in Not gilt.

Wie könnte nach Ansicht der Rot-Grünen Einheitsliste eine fortschrittliche und nachhaltige Sicherheitsinfrastruktur in Europa (und/oder weltweit) aussehen?

Die Rot-Grüne Einheitsliste war immer gegen die NATO. Wir glauben nicht, dass sie tatsächlich als Sicherheits- und Verteidigungsorganisation fungiert, sondern eher als US-geführte Kriegsallianz, die illegale Kriege und Interventionen auf dem Gewissen hat, zum Beispiel im Irak, in Afghanistan und Libyen. Das eigene Vorgehen der NATO hat es erschwert, sich für ein regelbasiertes internationales System einzusetzen, das in der UN-Charta verankert ist. Gleichzeitig halten wir es für einen Fehler, die NATO und die militärischen Fähigkeiten der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges auszuweiten, da die Chance bestand, die Sicherheitsarchitektur Europas und der Welt zu verändern und trotz unterschiedlicher geopolitischer Interessen auf Koexistenz und Abrüstung zu setzen.

Aber angesichts des Krieges und der verständlichen Angst, die Russlands Aggression in den angrenzenden Ländern hervorruft, haben diese Ansichten derzeit einen sehr geringen Stellenwert in der dänischen Debatte. Wir konzentrieren uns darauf, was unserer gemeinsamen Sicherheit im Hier und Jetzt zugutekommt.

Nach dem russischen Einmarsch gab es eine Kampagne gegen die Rot-Grüne Einheitsliste, weil wir der NATO skeptisch gegenüberstehen, Rüstung ablehnen und den Schwerpunkt auf politische Verhandlungen legen, und die Situation wurde genutzt, um uns als zu nachgiebig gegenüber Russland und Putin darzustellen. Wir halten das für absurde Vorwürfe, denn nur die Linke hat Putin immer wieder kritisiert – etwa für die Kriegsverbrechen in Tschetschenien und Syrien – und davor gewarnt, uns durch unsere Abhängigkeit von russischem Öl und Gas von Russland in die Tasche stecken zu lassen. Wir hatten nie irgendeine politische Sympathie für Putins Projekt, das nichts mit Sozialismus zu tun hat.

Auf der Jahresversammlung der Partei im Mai haben wir eine Reihe von Entschließungen für eine überarbeitete Politik in Bezug auf unsere Beziehungen zur NATO verabschiedet. Eine davon lautet: Solange es kein alternatives gemeinsames Sicherheitskonzept gibt, werden wir im Parlament keine Forderung nach einem Ausstieg erheben. Gleichwohl halten wir an unserer scharfen Kritik an der NATO fest.

Mit überwältigender Mehrheit wurde eine von mir mitverfasste Entschließung angenommen, die unterstreicht, dass wir nach wie vor Gegner der NATO bleiben und nun auf der Grundlage einer Analyse der uns umgebenden Realität unsere sicherheitspolitischen Visionen und die Arbeit für Frieden und Abrüstung konkretisieren und weiterentwickeln. Im Vorfeld unserer nächsten Jahresversammlung arbeiten wir daran gemeinsam mit linken Parteien in den skandinavischen Ländern und Europa, Friedensforschern, Gewerkschaften und anderen Organisationen.

Ich halte es für erwähnenswert, dass Schweden und Finnland jetzt zwar angekündigt haben, der NATO beitreten zu wollen, die Mehrheit unserer skandinavischen Schwesterparteien, einschließlich der schwedischen Linkspartei, jedoch immer noch Gegner der NATO ist. Wie die Rot-Grüne Einheitsliste bevorzugen sie ein skandinavisches Bündnis und würden sich lieber für eine gestärkte UNO einsetzen.

Alle auf der Jahresversammlung angenommenen Entschließungen stimmen in folgenden Punkten überein: Verurteilung der brutalen russischen Invasion in der Ukraine; Kritik an der Aufrüstung der NATO, der Militarisierung und der direkten Beteiligung an illegalen Angriffskriegen, Widerstand gegen alle imperialistischen Mächte sowie die Forderung, dass sich die Rot-Grüne Einheitsliste aktiv für Abrüstung und Frieden einsetzen muss.
 

Christine Lundgaard ist Parlamentskandidatin und ehemaliges Vorstandsmitglied der Einheitsliste – die Rot-Grünen. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für die internationale Arbeit der Partei und die internationale Solidarität mit Volksbewegungen weltweit, insbesondere in Lateinamerika. Sie lebt in Kopenhagen und arbeitet für die Gewerkschaft FOA.