Sozialökologische Transformation: dominante Entwicklungen, Widerstände und Alternativen
Energie als zentrales Konfliktterrain
Einführungstext für das internationale Seminar „Sozialökolgische Transformation Fokus Energie“ vom 3.–5. Juli 2013 in Wien, organisiert von der Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel und Ulrich Brand, Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien
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Analytisch-politische Ausgangspunkte
Das energiepolitische Feld verändert sich derzeit stark. Wir diskutierten bei der Konferenz 2012 bereits einige dominante Entwicklungen:
• Wachsende Nachfrage nach Energie aufgrund der Intensivierung der res-sourcenintensiven Produktions- und Lebensweise in den kapitalistischen Zentren und den wirtschaftlich schnell wachsenden Schwellenländern (die ja wiederum sehr stark für den Globalen Norden und die eigenen Mittel- und Oberklassen produzieren).
• Steigende Energiepreise und Preisvolatilitäten und problematische Vertei-lungseffekte (Energiearmut für viele, Subventionen für energieintensive In-dustrien etc.).
• Die Erschöpfung billiger und leicht ausbeutbarer fossiler Energieträger, was wiederum zu einem schnellen Wachstum der Ausbeutung von „unkonventi-onellem“ Öl und Gas führt.
• Die Finanzialisierung der Natur in dem Sinne, dass überakkumuliertes Kapital zunehmend nach Investitionsmöglichkeiten im Energiesektor sucht (was mitunter Hand in Hand geht mit einer Privatisierung der Gemeingüter).
• Die Intensivierung geopolitischer Konkurrenz und eines zunehmenden „Res-sourcen-Nationalismus“, was innerhalb der europäischen politischen und wirtschaftlichen Eliten zu einem wachsenden Bewusstsein führt, aktivere Ressourcen- und Energiepolitik zu betreiben („Diplomatie“).
• Hohe Aufmerksamkeit wird der Entwicklung von (kapitalintensiven) Infra-strukturen gegeben für den Transport von Strom oder Energieträgern.
• Es gibt auch ein Bewusstsein dafür, dass Politiken der Energieeffizienz und der Konsistenz von Material- und Energieflüssen geschaffen werden sollten.
• Energie (-nutzung und -politiken) ist zunehmend verbunden mit Fragen des Klimawandels, der Ressourcenerschöpfung, mit Ernährung und Landwirt-schaft.
• Die globale Verteilung des Zugangs bzw. der Nutzung von Energie ist weiterhin ein Desaster: 1,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität, eine Milliarde einen sehr instabilen Zugang.
• Das herrschende wissenschaftliche und politische Denken basiert weiterhin auf der neoklassischen Umwelt- und Ressourcenökonomik: „Lasst die Märk-te und Technologien entwickeln, der Staat soll einen angemessenen politi-schen Rahmen schaffen (oder im Fall von Marktversagen intervenieren) – dann werden die privaten und öffentlichen Unternehmen und KonsumentIn-nen schon richtig entscheiden.“
• Das Entstehen bzw. die Stärkung eines relevanten Sektors erneuerbarer Energien wird bislang weitgehend als zusätzlich zum dominanten fossilistisch-nuklearen Weg verstanden (Deutschland ist die Ausnahme, wo Erneuerbare einen Teil der fossilen und die nukleare Energie ersetzen sollen; was gleichwohl im Korridor einer öko-kapitalistischen Modernisierung geschieht).
• Strategien der Energiewende sind vor allem Technologie-getrieben (off-shore Windanlagen, große Infrastrukturen, Agrartreibstoffe der zweiten Generation, CCS Technologien).
• Konflikte – wir können sie Energiekämpfe nennen – hinsichtlich der negativen Konsequenzen der Ressourcen-Extraktion, Energieproduktion und -verteilung nehmen zu. Ob sie eine gemeinsame Vision oder Horizont entwickeln – etwa: Energiedemokratie oder -autonomie – muss diskutiert werden.
Was in den dominanten Entwicklungen und Diskussionen außen vor bleibt, ist die Hinterfragung der Annahme, dass die Energienachfrage wächst, die Produktions- und Lebensweise steht nicht zur Disposition, Machtverhältnisse werden nur dann thematisiert, wenn es um das Verhältnis von Nord und Süd geht. Dass eine Ener-giezukunft vielleicht aus weniger Verbrauch besteht, bleibt unthematisiert. Dasselbe gilt für die Verbindungen zwischen dem Energiesektor und dem militärisch-industriellen Komplex.
Ebenfalls negiert bleiben die dahinter stehenden Dynamiken: Die Logik kapitalisti-scher Naturaneignung und die Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse: Die Suche nach Profit und Kapitalakkumulation, die Tendenz der Kommodifizierung gesellschaftlicher (Natur-)Verhältnisse, dass das Kapital Strukturen und Prozesse der Energieproduktion und -verteilung kontrollieren möchte, was wiederum die Tendenz eines zentralisierten Systems der Energieproduktion impliziert. Und das Kapital versucht die Natur zu kontrollieren.
Am Ende der Konferenz im Juli 2012 wurde deutlich, dass wir eine strukturiertere Diskussion dessen benötigen, was in Europa passiert. Europa ist entscheidend im Prozess einer globalen sozial-ökologischen Transformation hin zu einer gerechteren, demokratischeren und wirklich nachhaltigen Gesellschaft.
Laut Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) konsumierte Europa-27 im Jahr 2009 13,6 Prozent der global produzierten Primärenergie (aus Öl, Gas, Wasser, Wind, Sonnenenergie, Biomasse, Nuklearenergie). Dazu kommt jene Energie, die für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen anderswo verwendet wird, die dann in Europa konsumiert werden (der sog. ökologische Rucksack). Der Energiemix besteht zu etwa 35% aus Öl, 25% aus Gas, 16% aus Kohle, 14% Atomstrom, 10% Erneuerbare (7% Biomasse, 1,7% Wasserkraft, weniger als 1% Solarenergie, Wind und Meer, 04% Geothermie).
Gleichwohl bestehen erheblich Differenzen: In Frankreich besteht 40% der Primär-energie aus Atomstrom, in Norwegen fast 40% aus Wasser, in Österreich und der Schweiz sind das jeweils mehr als 10%. In Deutschland liegt im Jahr 2012 der Anteil der Stromproduktion (also ohne Transport und Wohnen) durch Erneuerbare bei 22%.
Ein Problem in Europa scheint, dass die Energiewende in vielen Ländern ziemlich weit oben auf der politischen Agenda steht, sie aber außer in Deutschland nicht funktioniert.
Eine Hypothese
Es gibt einen kapitalistisch konstituierten Korridor, um Energieprobleme zu behan-deln, der zwischen business-as-usual und einem partiellen Umstieg hin zu einer Grünen Ökonomie liegt. Das ist aber ein sehr unsicherer und offener Prozess – der wiederum mit kapitalistischen Pull- und Push-Faktoren zusammenhängt – und ein besseres Verständnis der möglichen Entwicklungsmuster und Widersprüche ist entscheidend, um emanzipatorische Strategien zu entwickeln.
Einige Fragen
Was wissen wir über die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Strategien, über relevante private Akteure und ihre Think Tanks? Ist überhaupt eine umfassende Kartographie und Evaluierung der Strategien möglich? Und falls ja: Wie?
Was bedeutet der Hype um die “unkonventionellen” Energieträger Gas und Öl? In den USA, in Europa?
Welches Potential besteht hinsichtlich der Energie aus Biomasse?
Welche Formen der aktuell entwickelten Technologien müssen kritisiert und ge-stoppt bzw. begrüßt und gefördert werden?
Es scheint, dass derzeit die EU keine kohärente energiepolitische Strategie nach 2020 entwickelt. Was bedeutet das für Alternativen?
Ist die Perspektive einer Reduktion der Energieproduktion und des -verbrauchs – neben den sich verändernden Energie-Mixen – wirklich eine Perspektive? Um diese Frage zu beantworten, ist ein genauerer Blick in andere Sektoren wichtig: industrielle Produktion, Nahrungsmittel und Landwirtschaft, Wohnen, Transport, Kommunikation.
Die Frage der Zeit spielt eine wichtige Rolle, insbesondere im Hinblick auf Klima-wandel und mögliche Kipppunkte: wie betrifft das emanzipatorische Energiepolitik?
Und allgemeiner: Wie bewerten wir die Strategien und Bewegungen hin zu einer „Grünen Ökonomie“? Sind da auch positive oder zumindest widersprüchliche Sa-chen angelegt? Es ist eine offene Frage, inwiefern die Projekte einer Grünen Öko-nomie oder eines Grünen New Deal bestimmte Räume gegen brutalere Formen des Kapitalismus öffnen.
Ist die Grüne Ökonomie Indikator von Dissens innerhalb des Machtblocks? Welche Rolle spielen die Gewerkschaften hier?
Widerstände und Alternativen
Die Freunde von The Corner House zeigen in ihrem Bericht von Mai 2013 „Energy Alternatives. Surveying the Territory“ (und Nick Hildyard wird einige Ergebnisse auf unserer Konferenz präsentieren), dass das Feld der Alternativen sehr komplex ist. Unterschiedliche Fragen werden gestellt, verschiedene Kriterien für Alternativen angewendet, sich auf unterschiedliche räumliche Ebenen für Alternativen bezogen.
Ich möchte hier lediglich unsere gemeinsame politische Reflexion etwas vorbereiten. Meines Erachtens sollte eine emanzipatorische Perspektive von den folgenden Annahmen ausgehen: Die Produktion und Nutzung von Energie ist die Basis menschlicher Aktivitäten allgemein und fossile Energie für die kapitalistische Pro-duktionsweise im Besonderen. Sie ist nicht nur die Basis, sondern eine zentrale Triebkraft kapitalistischer Expansion. Energie ist daher am besten als soziales Verhältnis zu verstehen.
• Sie basiert auf der Existenz von und dem Zugang zu Ressourcen, Wasser etc., auf verschiedenen Technologien, Infrastrukturen und Konsumnormen.
• Sie ist eng verbunden mit der Produktion von Reichtum und Armut, mit
(Um-)Verteilung und Eigentumsstrukturen.
• Energie hat viel mit Produktions- und Konsumnormen zu tun, sie ist die Basis für lokale, nationale und globale Wirtschaften.
• Sie hat mit Vertreibung, Territorium und Ent-Territorialisierung zu tun,
• mit Finanz(markt)akteuren, Militär und Repression, mit Entwicklungspolitiken und internationalen Organisationen.
• Energie ist verbunden mit den vielfältigen Formen, den gesellschaftlichen Arbeitsprozess zu organisieren (mittels formeller und informeller Arbeit), mit der internationalen, nationalen und lokalen Arbeitsteilung, mit Klasse, Gender und rassifizierten Verhältnissen.
• Energie ist nicht nur Ressource, sondern auch Abfall, die Nutzung von Sen-ken, Druck auf Ökosysteme.
• Das Lokale (Öl unter der Erde) kann höchst global sein (das Öl in seiner Be-deutung für globale Produktion, Finanzströme, Konsum).
• Und schließlich ist Energie hochgradig verknüpft mit gesellschaftlichen Ori-entierungen wie „Fortschritt“ oder Wachstumsimperativen. Energieressour-cen können Auswirkungen auf Identitäten haben (wie in den Extraktionsregi-onen) oder unsichtbar gemacht werden (für KonsumentInnen).
Energie handelt von Macht und Herrschaft – von Widerstand und Alternativen.
Gleichzeitig: Aus emanzipatorischer Perspektive muss festgehalten werden, dass die aktuelle Energiepolitik eingebettet ist in den Extraktivismus als Entwicklungs-modell, das recht attraktiv ist für das Kapital, den Staat, die Angestellten im Sektor und jenen Teilen der Bevölkerung, die von den Umverteilungspolitiken profitieren. Widerstand kommt vor allem von jenen, die von den negativen Folgen des Res-sourcenabbaus betroffen sind.
Angesichts der aktuellen Bedingungen hoher Weltmarktpreise für viele Ressourcen (trotz der Preisvolatilität) und dem Mangel an Alternativen, wird der Extraktivismus breit akzeptiert und sogar begrüßt. Wir können ihn als hegemonial bezeichnen. Die Entdeckung neuer Ressourcen wird in den meisten Ländern als wichtige und positive Nachricht verstanden.
Wie können wir also besser die Widersprüche dominanter Entwicklungen begreifen, insbesondere eben die Tatsache, dass Millionen von Menschen von der Ressourcenextraktion und dem bestehenden Energiemodell leben? Und der Orientierung an geringen Energiepreisen und den damit verbundenen Problemen?
Neben dieser „hegemonialen Konstellation“ in Bezug auf Energiefragen gibt es einen anderen Aspekt, der letztes Jahr deutlich wurde. Esperanza Martínez von Oilwatch und Acción Ecologica in Ecuador sagte im Juli 2012: “Wir müssen die Gründe verstehen, warum Menschen sich organisieren, um zu kämpfen, oder wa-rum sie das nicht tun. Zentrale Faktoren sind Angst und Fehlinformationen. Häufige Fälle von Aggression, die Angst verursachen sind: Gesundheitsprobleme, Landbesetzungen, ökologische Spannungen in fragilen/geschützten Gebieten; Aggressionen gegen Menschenrechte wie Ermordungen.“
Was sind also einige Einstiegspunkte, um Widerstand und Alternativen zu fördern?
1. Einstiegspunkte
Ein Einstiegspunkt sind konkrete Konflikte, die manchmal plötzlich auftreten und weiter politisiert werden können (nicht von einer Avantgarde, aber indem die Ursa-chen der Konflikte verdeutlicht werden, die Interessen “der anderen Seite”, wie es weitergehen kann). Es gibt ja so viele Konflikte in unseren Regionen, Ländern, Städten/Gemeinden um Energiepreise, Zugang zu Energie, privates oder öffentliches Eigentum, große Infrastrukturen etc.
Hier ist wichtig: Gibt es spezifische „Momente“ der Politisierung (z.B. Fukushima), kritische Masse, erfolgreiche und sichtbare Experimente, Nischen etc.?
2. Widersprüche im Machtblock und der herrschenden Strategien
Wie bereits gesagt, könnte der umkämpfte Charakter der aktuellen Energiepolitik ein Einstiegspunkt sein. In Europa könnten einige Widersprüche politisiert werden.
• Die EU-Kommission befürwortet in ihren Strategiepapieren eine ressourcen-leichte und emissionsarme Wirtschaft, während in den realen Politiken die Importe von Öl, Gas, Kohle und Uran wie auch große Infrastrukturen geför-dert werden.
• Eine Strategie hin zu einer Grünen Ökonomie hat große Implikationen im Energiesektor, etwa der Import von Agrartreibstoffen (20-30% Agrardiesel kommen aus Argentinien), was wiederum zu bestimmten Nutzungsformen und Landkonzentration in den Produktionsländern führt.
• Dann die Frage der historischen Energie- und Ressourcenschuld von Europa und des globalen Nordens insgesamt.
3. Die vielen bestehenden Widerstände und Widersprüche sollten gerahmt werden und in einen weiteren Kontext von Prinzipien und Horizonten gestellt; und entscheidende Fragen sollten formuliert werden.
Hier sehe ich unsere Aufgabe als Netzwerk (oder besser gesagt: als eines von vie-len Netzwerken) im Teilen von Erfahrungen und Wissen (Wissen ist teilweise wichtiger als Informationen, die es ja vielfach gibt; obgleich auch die manchmal fehlen). Das von uns erzeugte und geteilte Wissen kann die Strategien in Parteien, NGOs, sozialen Bewegungen, öffentlichen Einrichtungen, privaten Akteuren ggf. positiv beeinflussen.
Prinzipien: Aus meiner Sicht sind die allgemeinen Prinzipien jene von demokrati-schen, gerechten und erneuerbaren Formen der Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung wie auch das Prinzip einer Reduktion von Übernutzung von Energie (als Prinzip! – was das konkret heißt, ist umstritten).
… Was noch?
Horizonte: Wir hinterfragen einen “naiven Kosmopolitismus” im globalen Norden, demzufolge es darum geht, “den Planeten” zu retten, ohne aber gesellschaftliche und globale Machtverhältnisse infrage zu stellen, die Realitäten im globalen Süden zu berücksichtigen und die, im Effekt, auch autoritäre Lösungen befürworten kön-nen, um eben den Planeten zu retten.
Ein wichtiger Aspekt scheint darin zu bestehen, dass emanzipatorische Perspekti-ven gegen das herrschende kapitalistisch-fossilistisch-industrialistische Energiesys-tem und den damit verbundenen Ressourcen-Extraktivismus attraktive Formen der Produktion und des Lebens für die breite Bevölkerung anbieten bzw. entwickeln muss. Ein allgemeines Kriterium hier kann als “gerechter Übergang“ bezeichnet werden, und dafür sollten Energiewende-Szenarios weiter und in diesem breiten Sinne entwickelt werden.
Emanzipatorische Energiepolitik ist mehr als Energiewende! Sie handelt von einer umfassenden sozial-ökologischen Transformation (einige bezeichnen das als grünen Sozialismus), die eben die Produktions- und Lebensweise, die gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnisse und Psychen, die Formen der Politik und Problembearbeitung u.a. sehr grundlegend ändert.
Alternativen müssen sicherlich die aktuellen Imperative wie Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt und Konkurrenz um jeden Preis infrage stellen, sie umfassen gesellschaftliche und politische Planung, eine Vielfalt von Eigentumsregimen (inklusive eines starken öffentlichen Sektors und Formen solidarischer Ökonomie). Trotz der notwendigen Betonung von Lernprozessen in den Transitions- und Transformationsdebatten wird es sicherlich darum gehen, dass Alternativen gegen den Willen eines Großteils der politischen und wirtschaftlichen Eliten durchgesetzt werden; aber es müssen auch die Interessen vieler Menschen im globalen Norden und der Mitteklassen im globalen Süden verändert werden. Hier können wir einiges von den aktuellen Post-Wachstums-Debatten lernen.
Einige Fragen sollten gestellt werden:
Ich beende diese Überlegungen für unsere Konferenz mit einigen offenen Fragen (es gibt natürlich mehr).
Eine entscheidende Frage für mich ist, wie wir die hegemoniale Konstellation überwinden können, die die Menschen materiell, mental und bis in ihre Wünsche hinein an die bestehende Produktions- und Lebensweise und dem damit verbunde-nen Energiesystem bindet. Die Stärke der Vorschläge für eine Grüne Ökonomie besteht ja darin, dass sie die Produktions- und Lebensweise nicht infrage stellen und vor dem Hintergrund das Energiesystem verändert werden soll: Nämlich im Rahmen einer öko-kapitalistischen Modernisierung.
Wie können entsprechend Arbeit und die internationale wie gesellschaftliche Ar-beitsteilung anders organisiert werden? Wie bekommen wir die Menschen und ihre Gewerkschaften an Bord; und zwar in den Ländern, die von der Krise betroffen sind (und wo die Gewerkschaften geschwächt sind und die Hoffnung besteht, den Wachstumsmotor wieder anzuwerfen) oder in Ländern, die nicht so stark von der Krise betroffen sind und in denen viele Menschen den Eindruck haben, dass sie über Veränderungen etwas zu verlieren haben.
Dennoch sollten wir nicht in die radikal-konservative Falle gehen und das Baby mit dem Badewasser ausschütten, also soziale Errungenschaften auf dem Altar ökologischer Dringlichkeiten oder gar eines angenommenen anstehenden Kollapses zu opfern. Das ist keine linke Antwort.
Eine zweite Frage wird immer deutlicher. Wir machen die Erfahrung, dass immer mehr Menschen wissen, dass sich viel ändern muss, aber ihre Alltagspraktiken bleiben dieselben. Sollten wir entsprechend nicht mehr Kraft dahin aufwenden, attraktive Stories eines besseren Lebens zu entwickeln, welche die Menschen davon überzeugen können, dass es sich lohnt, anders zu handeln (ohne die Illusion eines kritischen Konsumenten, der die Antwort auf alle Fragen ist).
Wie kann das gemacht werden? Gibt es eine Art Methodologie, um radikal-emanzipatorische Geschichten zu entwickeln und zu erzählen? (die im Gegensatz zu den Katastrophen-Geschichten stehen, mit denen die Buchläden voll sind)
Eine letzte Bemerkung
Am Ende der Konferenz sollten wir sogfältig darüber nachdenken, wie wir weiter vorgehen sollten. Hoffentlich werden viele Anregungen für die eigenen Praxen in Partei und Staat, Verband, NGOs und Bewegungen, Wissenschaft, Denkfabrik und breiter Öffentlichkeit mitgenommen werden.
Wir könnten in eine Phase kommen, in der wir schriftliches (oder audio-visuelles) Material produzieren. Dafür sollten wir uns aber darüber austauschen was benötigt wird.
Es geschieht ja eine Menge. Ich vertraue unserem kollektiven Wissen und Erfah-rung, dass wir uns auf einige Initiativen einigen können, die dringen benötigt wer-den und nichts wiederholen, was andernorts läuft.
Die Stärke unserer Gruppe (die durchaus fluide ist, aber einen Kern hat) ist ihre von Beginn an internationalistische Perspektive. Und sie ist nah an linken politischen AkteurInnen.
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