Globale Progressive Industriepolitk: eine Alternative für mehr Gerechtigkeit

05.09.2017
Smitha Francis, Lila Cabarello, Cédric Durand
Bild von ICAPlants (own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen werden heute von zwei wichtigen Aspekten geprägt. Der Klimakrise, die längst die Lebensbedingungen von Millionen Menschen beeinflusst, und den gewaltigen Verschiebungen zwischen Staaten in Hinsicht auf ihre wirtschaftliche Stärke. Während Teile Europas und Lateinamerikas wirtschaftlich absteigen werden, entwickeln China und weitere Gebiete Süd(ost)asiens starke Ökonomien auf. Andere Gebiete, insbesondere im subsaharischen Raum, bleiben wirtschaftlich marginalisiert und müssen ihre Ressourcen unter Wert verschleudern, um Importe, von denen sie immer mehr abhängen, zu finanzieren.

Das Ergebnis ist ein wachsender Wettkampf zwischen Staaten, Regionen und Unternehmen. Dies zeigen sowohl die permanente Kriegsführung der USA und ihrer Alliierter im Nahen Osten als auch die zivilisierteren Verhandlungen von bi- und multilateralen Freihandelsabkommen. Die Verhandlungen um TTIP (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) zwischen den USA und der EU zielen genauso auf die Märkte des Südens wie TiSA (Trade in Services Agreement, deutsch Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen), mit dem insbesondere Indien und China als große BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) Staaten zur Aufgabe des Schutzes ihrer Dienstleistungssektoren gezwungen werden sollen. Dieser rabiate Kampf der 1 Prozent gegen die Werktätigen, vor allem im Globalen Süden, führt zu weltweit immer größeren sozialen Verwerfungen.

Wie können Alternativen aussehen? Die eskalierende Klimakrise ruft nach lokalen Lösungen und regionalen Wirtschaftskreisläufen, denn wir können es uns schon alleine klimabedingt schlicht und einfach nicht mehr leisten billigste Wegwerfkonsumgüter in Containerschiffen um die Welt zu jagen. Deshalb scheidet auch der Freihandel als Modell aus. Idealerweise stellen alle Regionen in der Welt weitmöglichst ihre Produktions- und Konsumgüter selbst her, und Handelsbeziehungen reduzieren sich auf das absolut Notwendige.

In diesem Zusammenhang ist das Streben nach einer progressiven Industriepolitik für alle Weltregionen nicht nur eine wirtschaftspolitische Alternative. Denn auf der sozialen und gesellschaftlichen Ebene basiert das Konzept der progressiven Industriepolitik auf Inklusion und demokratischer Mitbestimmung als Basis für eine qualifizierende Arbeit, die zur sozial-ökonomischen Reproduktion des Gemeinwesens beiträgt.
Die Gestaltung einer progressiven Industriepolitik unter sozial-ökologischen, feministischen und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten wollen wir in Zukunft mit unseren Partner*innen erarbeiten und zur Debatte stellen.

Einen Anfang machen hier zwei Fallstudien (von Smitha Francis und Lila Cabarello/ActionAid), wie eine progressive Industriepolitik in Indien und Bangladesh zu sozial-ökologischer, feministischer und wirtschaftspolitischer Transformation für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit beitragen kann. Diese beiden Aufsätze werden durch eine allgemeinere Perspektive (von Cédric Durand) auf die Voraussetzungen der globalisierten Welt und durch die Frage, welche Bedingungen Industriepolitik erfüllen muss, um progressiv zu sein, ergänzt. Die drei Artikel sind auf Englisch.

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